Frank: Ein kurzes Leben in einer düsteren Epoche deutscher Geschichte

Frank: Ein kurzes Leben in einer düsteren Epoche deutscher Geschichte
Frank: Ein kurzes Leben in einer düsteren Epoche deutscher Geschichte
 
Mit ihren Tagebuchaufzeichnungen hat das jüdische Mädchen Anne Frank ein ergreifendes Zeugnis hinterlassen vom Alltag unter einem unmenschlichen Regime. Die Schriften der Anne Frank, die 1945 im Alter von nur 15 Jahren in Bergen-Belsen ermordet wurde, haben weltweit eine Auflage von über 20 Millionen Exemplaren gefunden und wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt.
 
 Anne Frank — die Biografie
 
Anne (eigentlich Annelies Marie) Frank wurde am 12. Juni 1929 als Tochter des jüdischen Kaufmanns Otto Heinrich Frank (1889—1980) und seiner Frau Edith Frank, geborene Holländer, in Frankfurt am Main geboren. Otto Frank stammte aus einem liberalen jüdischen Elternhaus. Nach dem Besuch der höheren Schule hatte er ein Volontariat in einem New Yorker Kaufhaus absolviert und war im Ersten Weltkrieg Reserveoffizier gewesen. Nach dem Krieg gründete er seine eigene Firma und heiratete 1925 die Aachener Fabrikantentochter Edith Holländer. Sie hatten zwei Kinder: Margot Betti (* 16. Februar 1926) und Annelies Marie.
 
Die Familie Frank verließ schon kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Sommer 1933 Deutschland und ließ sich schließlich in Amsterdam nieder. Otto Frank gründete eine Firma, die Geliermittel verkaufte. 1938 eröffnete er zusammen mit Hermann van Pels, der zusammen mit seiner Familie aus Osnabrück geflohen war, eine Gewürzhandelsfirma. Die beiden Frank-Töchter lernten die niederländische Sprache und gingen auf die Montessori-Schule. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im Mai 1940 gelang es Frank, seine Firmen an Freunde zu überschreiben und so faktisch zu arisieren. Anne und Margot mussten die Montessori-Schule verlassen und von nun an eine jüdische Schule besuchen. Aufgrund der bedrohlichen Lage plante Otto Frank umsichtig die Flucht. Zunächst wurden Hab und Gut ins leere Hinterhaus des Büros von Franks Firma an der Prinsengracht 263 gebracht. Vier Angestellte Franks erklärten sich bereit zu helfen. Es waren Victor Kugler, Johannes Kleimann, Elli Voskuijl und Miep Gies.
 
Am 05. Juli 1942 beschlossen dann die Familien Frank und van Pels, sich in diesem Hinterhaus zu verstecken. Der Grund: Franks Tochter Margot hatte eine schriftliche Aufforderung von der Zentralstelle für jüdische Auswanderung bekommen, sich zum Arbeitseinsatz zu melden. Zu diesen sieben Personen stieß am 16. November 1942 noch der aus Berlin geflohene Zahnarzt Fritz Pfeffer. Zwei Jahre lang lebten die acht auf engstem Raum zusammen.
 
Am 04. August 1944 bekam der SD (Sicherheitsdienst) in Amsterdam einen anonymen Hinweis, woraufhin die acht festgenommen wurden. Ein Polizist mit Namen Karl Silberbauer wollte bei der Verhaftung Geld und Schmuck fortschaffen. Er leerte dazu eine Aktentasche, in der auch das Tagebuch der Anne Frank gelegen hatte. Miep Gies und Elli Voskuijl retteten später das Tagebuch und andere Papiere der Familie Frank. Auch die Helfer Kleimann und Kugler waren festgenommen worden. Am 08. August 1944 erreichten die Verhafteten das Durchgangslager Westerbork. Laut Transportlisten waren unter den 1011 Menschen, die mit dem letzten Transport Westerbork verließen und nach Auschwitz gebracht wurden, auch Pfeffer sowie die Familien Frank und van Pels. Bis auf Otto Frank sollte keiner von ihnen der Tötungsmaschinerie entkommen. Edith Frank kam am 06. Januar 1945 in Auschwitz-Birkenau um. Anne und Margot Frank wurden Ende Oktober 1944 nach Bergen-Belsen gebracht; dort wurde Margot Anfang März 1945, Anne nur wenige Tage später umgebracht.
 
Im Juni 1945 kehrte Otto Frank nach der Befreiung des KZs Auschwitz durch die sowjetische Armee im Januar 1945 nach Amsterdam zurück. Von Miep Gies erhielt er dort die von ihr aufbewahrten Papiere seiner Familie.
 
 Das Tagebuch
 
Mit ihren Tagebuchaufzeichnungen begann Anne Frank am 12. Juni 1942, als sie von ihrem Vater ein Tagebuch zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt bekam. Über zwei Jahre bis zum 01. August 1944 hat sie ihre Beobachtungen und Empfindungen in ihrem Versteck, in dem acht Menschen unter ständiger Bedrohung auf engstem Raum zusammenlebten, aufgezeichnet.
 
Dazu schrieb sie unter anderem Briefe an eine der Fantasie entstammende Freundin namens Kitty. Das Tagebuch wurde zu einem ergreifenden Dokument über den Alltag unter einer unmenschlichen Diktatur. Trotz der schrecklichen Nachrichten und Ereignisse um sie herum lässt sich die optimistische und lebensbejahende Einstellung der Anne Frank ablesen.
 
Das Tagebuch ist nicht das einzige schriftliche Zeugnis, das Anne Frank hinterlassen hat. Miep Gies fand unter den Papieren, die am Ort der Verhaftung zurückblieben, ein Buch mit Geschichten (»Geschichten und Ereignisse aus dem Hinterhaus«) sowie eine Zitatsammlung (»Buch der schönen Sätze«). Anne Frank hatte zudem ihr Tagebuch bereits einmal umgeschrieben und bearbeitet.
 
 Die Veröffentlichung nach dem Krieg
 
Ihr Vater Otto Frank machte sich nach seiner Rückkehr nach Amsterdam daran, dieses Tagebuch seiner Tochter zum Teil abzutippen und ins Deutsche zu übersetzen. Er benutzte dazu meist die überarbeitete Fassung des Tagebuchs. Im Jahr 1947 erschien das Buch »Das Hinterhaus«, herausgegeben von Otto Frank. Er hatte es bearbeitet und Passagen, die ihm zu intim oder beleidigend erschienen waren, gestrichen. Zudem fügte er verschiedene Geschichten des »Geschichtenbuches« in das Tagebuch ein. 1950 erschien das Tagebuch auch in Deutschland in der Übertragung von A. Schütz unter dem Titel »Das Tagebuch der Anne Frank«. Insgesamt ist das Buch in mehr als 50 Sprachen übersetzt worden mit einer Gesamtauflage von etwa 20 Millionen Exemplaren. Die Bühnenfassung von Albert Hackett und Francis Goodrich-Hackett erhielt 1955 den Pulitzer-Preis; 1959 wurde ein Film gedreht.
 
Aus rechten Kreisen wurde das Dokument immer wieder dem Verdacht ausgesetzt, eine Fälschung zu sein. Dies wurde 1986 endgültig widerlegt durch eine textkritische Edition beider Fassungen des Tagebuchs, veröffentlicht vom Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie. Diese Edition wurde 1988 auch in einer deutschen Übersetzung veröffentlicht.
 
Das Haus an der Prinsengracht 263, in dem sich Anne Frank und die anderen Verfolgten versteckt hatten, wurde 1957 von dem Besitzer einer neu gegründeten Anne-Frank-Stiftung geschenkt, um es für Besucher zu öffnen. 1960 wurde dann dort das Anne-Frank-Museum eröffnet. Das Anne-Frank-Haus hat alljährlich über eine halbe Million Besucher. Die Anne-Frank-Stiftung verfügt zudem über ein Dokumentationszentrum, das Material über antisemitische Vorgänge und rassistische Organisationen in Westeuropa und den USA sammelt. Ferner organisiert die Stiftung Ausstellungen und stellt Unterrichtsmaterialien her.
 
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| ZEITTAFEL: DAS KURZE LEBEN DER ANNE FRANK                                           |
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| 1929    | Am 12.06. wird Annelies Marie Frank als Tochter des jüdischen                 |
|            | Kaufmanns Otto (Heinrich) Frank in Frankfurt am Main geboren.                 |
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| 1933    | Januar: Die Nationalsozialisten kommen in Deutschland an die                   |
|            | Macht, im Sommer emigriert die Familie Frank in die                                 |
|            | Niederlande, um sich schließlich in Amsterdam                                         |
|            | niederzulassen, wo Otto Frank eine Geliermittelfirma                                 |
|            | gründet.                                                                                                 |
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| 1934    | Anne Frank besucht den Kindergarten, anschließend die                            |
|            | Montessori-Schule.                                                                                 |
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| 1938    | Otto Frank gründet mit Hermann van Pels eine                                          |
|            | Gewürzvertriebsfirma.                                                                             |
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| 1940    | Im Mai besetzen deutsche Truppen die Niederlande. Im Oktober                 |
|            | ergeht ein Gesetz, dass alle jüdischen Firmen registriert                            |
|            | werden müssen.                                                                                     |
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| 1941    | Anne muss die Montessori-Schule verlassen und geht von nun an              |
|            | auf das jüdische Lyzeum.                                                                        |
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| 1942    | Am 12.06. bekommt Anne von ihrem Vater zum 13. Geburtstag ein            |
|            | Tagebuch geschenkt. Am 05.07. wird Margot Frank schriftlich                    |
|            | aufgefordert, sich zum Arbeitseinsatz registrieren zu                                 |
|            | lassen. Am 06.07. versteckt sich die Familie Frank im                               |
|            | Hinterhaus des frankschen Büros an der Prinsengracht 263.                       |
|            | Eine Woche später stößt die Familie Pels zu ihnen. Am 16.11.                   |
|            | versteckt sich bei ihnen der aus Berlin geflohene Zahnarzt                         |
|            | Fritz Pfeffer.                                                                                           |
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| 1944    | Am 04.08. werden die acht nach einem anonymen Hinweis an den SD        |
|            | festgenommen. Später retten Miep Gies und Elli Voskuijl                           |
|            | Papiere der Familie Frank, darunter Annes Tagebuch. Am 08.08.                |
|            | werden die Verhafteten in das Durchgangslager Westerbork                       |
|            | gebracht. Am 03.09. sind im letzten Transport von Westerbork                   |
|            | nach Auschwitz laut Transportlisten auch die Familien Frank                      |
|            | und van Pels sowie Pfeffer. Ende Oktober: Anne und ihre                          |
|            | Schwester Margot kommen in das KZ Bergen-Belsen.                               |
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Die Tagebücher der Anne Frank, bearbeitet von David Barnouw u. a. Aus dem Niederländischen. Sonderausgabe München 1993.
 David Barnouw: Anne Frank. Vom Mädchen zum Mythos. Aus dem Niederländischen. München 1999.
 Miep Gies: Meine Zeit mit Anne Frank. Aus dem Amerikanischen. Lizenzausgabe Augsburg 1999.
 Mirjam Pressler: Ich sehne mich so. Die Lebensgeschichte der Anne Frank. Taschenbuchausgabe Weinheim 1999.

Universal-Lexikon. 2012.

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